Wirkliche Kosten für Abgasgutachten

  • Servus,


    nachdem im Netz Horrorgeschichten von 5000€ für ein Gutachten zu finden waren und mir niemand sagen konnte wie das ganze denn wirklich abläuft, habe ich mich nun bei TÜV Nord und auch bei der DEKRA durchgeklingelt.
    Rausgekommen bin ich in Essen (TÜV) und in Klettwitz (DEKRA).
    Kosten liegen bei beiden um die 900€ Netto. In Klettwitz wird zusätzlich noch eine "Konditionierung" für ca. 200€ angeboten um etwaigig zugesetzte Kats (Rangieren/Kaltstarts) "leer" zu bekommen, damit diese die Messung nicht verfälschen.


    Dank Abgasskandal haben die derzeit viel zu tun und man muss einige Wochen Zeit einplanen. Ein fester Termin dauert eher Monate. Wenn man den Wagen aber nicht akut braucht, darf man ihn dort abstellen und sie schieben den "dazwischen", so zumindest die Aussage der DEKRA.
    Unsere alten Wagen können bis EURO2 getestet werden, darüber scheidet aus, weil kein OBD installiert ist. Dafür hat man den Vorteil das Euro1 und Euro2 gleich getestet wird und man je nach Ergebnis richtig einsortiert wird.
    Auch sind Gutachten für Gesamtumbauten auch für mehrere Fahrzeuge ohne Mehrkosten machbar. Es müssen die Grenzwerte aber um 30% unterschritten werden, dann bekommt man auch ein "Teilegutachten".


    Gruß,
    Patrick

  • FYI :rtfm:


    Zur Erklärung, alle deutschen Technischen Prüfstellen haben die Merkblätter der Vd TÜV als Vorgaben für diese Art der Prüfungen. Sprich, egal ob DEKRA in Ostdeutschland oder der TÜV in Westdeutschland alle müssen sich daran halten.
    Definition: Jegliche Veränderung am Motor/Anbauteilen welche die Motorleistung oder das Motordrehmoment erhöht ist als Leistungssteigerung zu sehen und so zu behandeln.


    Grundsätzliche Dinge
    Aus Fahrdynamischer Sicht sind folgende Zustände als relevant für die Prüfung zu sehen:
    - Bremsen aus Höchstgeschwindigkeit
    - Verhalten bei V.Max
    - Anfahren mit höchstmöglicher Beschleunigung
    - Lastwechsel im Bereich der maximalen Motordrehzahl


    Grundsätzliche ist es so dass man Motoren innerhalb des Typen tauschen kann, auch wenn der Hersteller den gleichen Motor (Abgasnorm etc.) in einem anderen Typen verwendet kann er getauscht werden. Sollte jedoch ein fremder Motor (sprich ohne Prüfung in diesem Typ) bzw. ein Motor aus dem gleichen Typ jedoch unter veränderter Peripherie verbaut werden. So muss ein komplettes Abgasgutachten vorgelegt werden (der Abgasnorm der Karosse entsprechend oder besser).
    Bei modernen Fahrzeugen muss weiterhin die OBD Prüfbereitschaft vorhanden sein.



    Allgemeines


    Nach dem Motortuning muss das Fahrzeug Betriebs- und verkehrssicher sein. Außerdem muss ein Nachweis über die Elektromagnetische Verträglichkeit erfolgen. Alle durch das Tuning höher belastete Bauteile des Antriebstangs und Fahrwerk müssen so ausgelegt sein das unter betriebsüblichen (s.o.) Umständen ein plötzliches Versagen ausgeschlossen ist. (Bsp. Ausreißen der HA E36/E46, 316i Kardanwelle und Antriebswelle für einen V8 Umbau)


    Grundsätzlich teilt man in 3 versch. Gruppen ein:
    - Leistungssteigerung bis 20%
    - Leistungssteigerung von 21% bis 40%
    - Leistungssteigerung von mehr als 40%
    Im Folgenden liste ich kurz auf welche Prüfungen jeweils von Nöten sind, bzw. über welche Dinge Nachweise gebracht werden müssen.



    Anforderung an Leistungssteigerung bis 20%
    - Ermittlung der Motorleistung und des Motordrehmoments
    - Überprüfung des Geräuschverhaltens
    - Abgasgutachten und Kraftstoffverbauch (bei modernen Fahrzeugen wegen der Kfz. Steuer)
    - Höchstgeschwindigkeit
    - Bremsverhalten
    - Elektromagnetische Verträglichkeit
    - Eignung der Reifen (Hauptsächlich Traglast und Geschw. Index)
    - Fahrerprobung
    - Eignung des Tachos (gesteigerte V.max)
    - Weitere gesetzliche Kleinigkeiten


    Anforderung an Leistungssteigerung von mehr als 20% bis 40%
    - Alle Anforderung für die Leistungssteigerung bis 20%
    - Einrichtung zur Überwachung der Getriebetemperatur
    - Schutzmaßnahmen gegen Abreißen der Kardanwelle


    Anforderung an Leistungssteigerungen von mehr als 40%
    - Alle Anforderungen für die vorherigen zwei Leistungsstufen
    - Betriebsfestigkeit auf Basis des Serienfahrzeugs (statischer Test)
    - Betriebsfestigkeit im Fahrversuch nachweisen (2000km bei vorgegebenen Profil)
    - Bremsverhalten bei Vmax


    Prüfungen


    Motorleistung: stationärer geeichter Prüfstand.


    Abgasgutachten: Gutachten muss die Abgasnorm der Karosse oder besser nachweisen. Ein Abgasgutachten ist nicht mit einer AU zu verwechseln. Ein Abgasgutachten kostet je nach Abgasnorm zwischen 400€ und 5000€.


    Geräuschmessung: Wird von Technischen Prüfstellen auf speziellen Prüfgeländen angefertigt. Dabei Messung im Stand und in der Vorbeifahrt. Die Grenzwerte die zur Zeit der Homologation der Karosse gültig waren müssen eingehalten werden. Kosten 200-300€


    Ermittlung der Höchstgeschwindigkeit: Die Höchstgeschwindigkeit nach dem Tuning muss erfahren werden bzw. ein Gutachten darüber von einer Technischen Prüfstelle vorliegen.


    Nachweis der Bremsleistung: Bis 20% Leistungssteigerung reicht ein Herstellernachweis über die Leistungsfähigkeit der Bremsen. Bei mehr als 20% muss ein Gutachten angefertigt werden. Dabei gilt immer dass die Bremsleistung den damaligen Richtlinien entsprechen muss die gültig waren zum Zeitpunkt der Erstzulassung.


    Prüfung der Funkentstörung bzw. der Elektromagnetischen Verträglichkeit: Gutachten eine Technischen Prüfstelle, darauf haben sich einige wenige Technische Prüfstellen spezialisiert. Adressen gibt es auf Anfrage.


    Eignung der Reifen: s.o.


    Fahrerprobung: Das Fahrzeug muss entweder im Slalom bzw. bei Kreisfahrt im Grenzbereich auf Lastwechselreaktionen überprüft werden. Ebenso der Geradeauslauf bei Höchstgeschwindigkeit nach Lastwechselreaktionen. Kosten dafür, werden nach Zeit gerechnet (grob 120€ pro Stunde) und ein entsprechendes Testgelände muss angemietet werden.


    Nachweis des Tachos: Er muss mindestens VMAX des getunten Fahrzeuges anzeigen.


    div. Kleinigkeiten wie z.B. Anhängelast (kein Witz), Erschwerung von Manipulation …


    zusätzlich dazu bei Leistungssteigerung von mehr als 20% bis 40%


    Überwachung der Getriebeöltemperatur: Ein einfaches Instrument tut da not. ;)


    Schutzmaßnahmen gegen Abreißen der Kardanwellen: Z.B. durch verstärkte Kardanwelle oder Lager. Ebenso ist eine Einrichtung erforderlich die verhindert das die Kardanwelle beim Abreißen „abfällt“ bzw. Kontakt mit der Straße hat.


    Prüfung der Bremse: Bremsleistung muss nach ECE R13 nachgewiesen werden. Sprich Bremsprüfung im Fahrversuch. Sieht grob so aus. Maximales Gewicht. Beschleunigen bis VMax, max. Verzögerung bis 20km/h dann wieder volle Beschleunigung bis VMax … etc.etc.



    zusätzlich dazu bei Leistungssteigerung von mehr als 40%


    Nachweis der Dauerhaltbarkeit: Fahrzeug muss nach der Testdistanz noch uneingeschränkt Betriebs- und verkehrssicher sein. Die Fahrerprobung findet bevorzugt auf folgenden Kursen statt. Nürburgring Nordschleife (2000km), Hockenheim Kurzanbindung (2000km) und Lausitzring (Testoval, 2000km). Natürlich können auch alternative Strecken gewählt werden so lange ein Nachweis über die höhere Belastung erfolgt.


    Betriebsfestigkeit auf Basis des Serienfahrzeuges: Auf den oben genannten Part kann verzichtet werden wenn der Hersteller für diese Karosse für die entsprechende Leistung/Drehmomente frei gibt. Das ist in der Regel so wenn man von 316i auf M3 umrüstet. Dann müssen aber alle anderen Komponenten auch auf diesen Stand umgerüstet werden.


    Bremsprüfung: s.o.



    Hinweis:
    Was bei allen Leistungssteigerungen und Motorumbauten im Auge behalten werden muss sind natürlich zu zulässigen Achslasten. Deswegen musste ja der eine straßenzugelassene E30 V10 Umbau ja das komplette Fahrwerk an der VA neu entwerfen, berechnen und auslegen lassen.



    Dokumentation
    Von vielen vernachlässigt aber genauso wichtig. Für eine ordentliche Eintragung benötigt es eine gute Dokumentation. Es sollen alle Teile dokumentiert werden die verändert wurden und wie sie verändert wurden. Relevante Teile sind spezielle zu markieren mit Nummerierung o.ä. Bei Überspielung der Steuergeräte Software sollte eine Kopie auf CD/DVD der neuen Version beigelegt werden. Bei Steuergeräten der Schaltplan etc.


    Kosten:
    Wie ihr ja grob überschlagen könnte kommt da ordentlich was zusammen, nicht ohne Grund sind deswegen die Motorumbauten von großen Tunern so teuer. Diese müssen alle diese Nachweise erfüllen und noch mehr (Produktion von Serienteilen etc.). Sprich da sind mal ganz schnell mehr als 10.000€ weg um einen Umbau legal zu kriegen. Ein Beispiel Gutachten umfasst ca. 30 Seiten :-).


    Kleine Randnotiz: Laut Vd TÜV Merkblatt 751 aus dem Jahre 2008 darf der Abrollumfang nur kleiner/gleich 8% Abweichen von der originalen Bereifung.


    Diese Info stammt aus den Vd TÜV Blättern. Diese sind übrigens für jeder man frei zu erwerben. Kosten ca. 20€ das Stück.

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    die Kosten für die Messung auf dem Abgasrollenprüfstand hören sich vernünftig an.


    Normalerweise benötigt man mind. zwei Tage. Am ersten Tag fährt man den NEDC mit kaltem Fahrzeug auf der Rolle ohne Analyse und macht danach mit dem so aufgewärmten Fahrzeug eine sogenannte Lastanpassung. So wird der zu simulierende Fahrwiderstand genau eingestellt. Dafür braucht man normalerweise offizielle Werte vom Hersteller (z.B. durch Ausrollversuch). Alternativ kann man je nach Fahrzeuggewicht auch eine Schätzeinstellung nach "ECE-Tabelle" machen. Hier entfällt m.M.n. die Lastanpassung, das war aber alles vor meiner Zeit. :baby:
    Zumindest für neuere Euro-Normen ist die Vorkonditionierung vorgeschrieben. Dafür fährt man beim Benziner einfach den NEDC. Das soll sicherstellen, dass die Fahrzeuge alle zumindest kurzfristig die gleiche "Vorgeschichte" vor dem Abgastest haben. Danach muss das Fahrzeug mindestens 6 Stunden "gesoaked" werden, sprich bei Testtemperaturen abgestellt werden, damit das Fahrzeug und seine Flüssigkeiten zu Beginn des Tests eben jene Temperatur haben. In der Regel wird das über Nacht gemacht.


    Der eigentliche Test dauert die bekannten 20 Minuten. Vom Draufschnallen bis zur fertigen Analyse vergehen ca. 45 Minuten.


    mfg Tobi

    Ist der Hubraum noch so klein:
    Kackegal, der Lader drückt's schon rein.